Die Magie der Berührung – Sie haben die Entwicklung Ihres Kindes quasi in Ihrer Hand

Nähe, Zuwendung und Berührung sind für uns Menschen elementar für gesunde Entwicklung und Wachstum.

Bei Umfragen unter Erwachsenen kommt regelmäßig heraus: 70% möchten gerne in ihrem Leben und Alltag mehr Zärtlichkeiten, Berührungen und Kuscheleinheiten bekommen.

Die Magie der Berührung - Stressreduktion in der Hand

Nehmen Sie sich nun bitte kurz einen Moment Zeit. Atmen Sie tief ein und aus.

 

Sie können dazu auch einen Moment lang die Augen schließen. Und nun berühren Sie bitte mal mit Ihren Fingerspitzen ganz leicht Ihr Gesicht.

 

Streicheln Sie ganz zart über Ihre Haut, die Stirn, die Wangen, die Nase, das Kinn, den Hals. Was immer Ihnen angenehm ist. Und fühlen Sie mal ganz leise hin. Was spüren Sie? Das Gesicht? Ihre Fingerspitzen? Oder beides? Vielleicht eins mehr, als das andere?

Berührung ist elementar für Entwicklung und Gesundheit

Was Sie gerade erlebt haben, ist die Magie unseres ersten Sinnes-Systems. Das sogenannte Tastsinnessystem oder auch Taktile System. Dieses schenkt uns ein Wohlgefühl und lässt uns und unseren Körper dahinschmelzen, wenn es sanft berührt wird.

 

Es ist das erste sensorische System, das sich in uns Menschen entwickelt und entsteht bereits in der 7. Schwangerschaftswoche. Erst viel später entwickeln sich Geschmackssinn (ca. 18. SSW), Geruchssinn (ca. 20. SSW) sowie das Hören und Sehen (ca. 24./25. SSW).

 

Dass das sinnliche Erleben der Berührung schon so früh in der Entwicklung eines jeden Menschen entsteht, hat einen wichtigen Grund, denn: keine Berührung ist keine Option für uns Menschen. Oder anders ausgedrückt: Ohne Berührung sind wir nicht überlebensfähig. Ohne sie gibt es kein Wachstum, keine Entwicklung und somit kein Leben.

 

Wir können blind oder taub geboren werden und ein erfülltes Leben haben. Ohne Berührung werden wir eingehen, wie ein Pflänzchen, das kein Licht oder Wasser bekommt.

 

So konnte man in Untersuchungen beobachten, dass sich die Babies im Bauch selbst berühren. Und das bereits in der 10. Schwangerschaftswoche. Sobald man die werdende Mutter in dieser Studie ein wenig Stress aussetzte, streichelte sich das Baby noch häufiger mit seinen Händchen über das Gesicht. Das Kind nahm den Stress der Mutter wahr und beruhigte sich durch das Streicheln im Gesicht selbst. Das Taktile System, die Berührung, ist also elementar für unser Wohlbefinden und die Stressregulation.

Lanugohaar: die Wohlfühlekstase zündet den Wachstumsturbo

Aber damit nicht genug. Mutter Natur hat sich noch ein weiteres wunderbares Feature ausgedacht, das in unserer pränatalen Entwicklung den Turbo einschaltet.

 

Ab ca. der 13. Schwangerschaftswoche wächst dem kleinen Menschen nämlich das sog. Lanugohaar. Davon haben Sie vielleicht schon gehört. Bislang dachte man, dass diese dazu da sind, um zusammen mit der Käseschmiere die Haut des Kindes zu schützen.

 

Weit gefehlt. Die eigentliche Aufgabe des Lanugohaares ist viel spannender und bedeutsamer.

Um die 15./16. SSW ist der ganze Körper überzogen mit 5 Mio. feinen Härchen, an deren Haarwurzeln jeweils bis zu 50 Nerven hängen. Das sind lauter kleine Tastantennen, die jeden Impuls, den sie aufnehmen, in das Körperinnere und somit ins Gehirn weiterleiten. Das Gehirn bekommt dadurch ein Bild des Körpers, weil die Nervenimpulse den Umriss des Körpers nach innen funken. Im Gehirn entsteht so erstmals eine Repräsentanz des eigenen Körpers.

 

Zusätzlich fühlt sich das Baby durch die Stimulierung der Härchen so richtig wohl. Denn in dieser Phase der Schwangerschaft kann man zum ersten Mal im Gehirn des Babies Oxytocin, das Bindungs- oder Kuschelhormon, nachweisen. Lanugohaar und Oxytocin entwickeln sich parallel. Das Baby schwebt also im Fruchtwasser und wird langsam hin und her gewogt. Die 5 Mio. Lanugohärchen bewegen sich dabei wie das Seegras im Meer und die Nerven-Impulse dieser wiegenden Bewegung zünden im Gehirn ein wahres Feuerwerk ab. Stellen Sie sich vor, Sie würden am ganzen Körper gleichzeitig von ganz vielen Händen zärtlich gestreichelt werden. Das Baby erlebt eine regelrechte Wohlfühl-Ekstase.

Angeregt durch dieses Wohlgefühl nimmt die Entwicklung dramatisch zu. Die Motorik wird angeregt, das Kind bewegt sich also immer mehr und wird aktiver. Das ist auch die Zeit, um die 17. SSW, in der die Mutter das Baby im Bauch zum ersten Mal wahrnimmt und mit dem Baby innerlich und durch vermehrte Berührungen Kontakt aufnimmt. Bereits in dieser Phase entwickelt sich das elementare und universelle Nähe-Konzept im Baby. Denn es verknüpft die Zuwendung der Mutter, die ihren Bauch jetzt öfter berührt mit positiven Emotionen.

Schon im Mutterleib entsteht das elementare Nähe-Konzept

Der vorgeburtliche liebevolle Kontakt ist also wichtig für die Entwicklung dieses Nähe-Konzepts, was durch die Methode der Bindungsanalyse zusätzlich unterstützt wird. Vor allem dann, wenn die werdende Mutter in der Schwangerschaft anhaltenden Ängsten, Sorgen und Stress ausgesetzt ist.

 

Die Geburt und all die Aufregung und Anstrengung darum herum, unterbricht diese Nähe für eine Weile. Daher ist es nach der Geburt wichtig, dass Mutter und Baby sich so schnell wie möglich wieder nah sein können. Am besten unmittelbar Haut an Haut. Das Spüren, Sehen, Riechen, Hören und Schmecken stellt die elementare Nähe wieder her und beeinflusst die Bindungsqualität positiv. Nie wieder ist der Oxytocin-Wert bei Mutter und Baby so hoch, wie direkt nach der Geburt.

Das Bindungs- und Kuschelhormon Ocytocin wird immer im Cocktail gemixt. Weitere Zutaten sind Serotonin, das für unsere gute Stimmung sorgt und körpereigene Opiate, also Drogen.

 

Körperlich geht es uns richtig gut, wenn wir Bindung spüren und berührt, bekuschelt und gestreichelt werden. Jetzt ist auch klar, warum 70% von uns, sich insgeheim mehr von diesem Cocktail wünschen.

 

Denn nicht nur für die Kinder ist das Berühren so wichtig für Entwicklung, Wachstum und Gesundheit. Auch wir Erwachsenen brauchen Zärtlichkeit, Berührung und Nähe. Ein Erwachsener berührt sich pro Tag im Durchschnitt 400-800 Mal im Gesicht und sorgt damit für einen Ausgleich in seinem Stresserleben. Probieren Sie es mal: Berühren Sie sich täglich ganz sanft am ganzen Körper. Fahren Sie mit Ihren Fingerspitzen die Arme, Beine, das Dekolleté, den Rücken, den Bauch usw. entlang und genießen Sie diese liebevolle Aufmerksamkeit, die Sie sich jederzeit selbst schenken können. Und wenn Ihr Partner/Ihre Partnerin Sie auf diese Weise verwöhnt, geben Sie sich dieser Entspannung hin und schmelzen Sie genussvoll.

 

Wir haben es also sprichwörtlich in der Hand, ob es uns, unseren Kindern und unserem Partner/unserer Partnerin gut geht. Je mehr wir uns berühren und berührt werden, desto entspannter, ausgeglichener und gleichzeitig energiegeladener sind wir.

Studien: Berührung hilft Neurodermitis und Asthma vorzubeugen

Zum Ende nun noch drei spannende Studienergebnisse zu diesem Thema. 

 

Eltern, deren Kinder Neurodermitis oder Asthma hatten wurden angehalten, die Kinder täglich ca. 20 Minuten lang zu massieren. Innerhalb von einem Monat haben sich die Symptome verbessert und die Kinder hatten weniger Ängste und generell weniger Stress.

 

In Nepal werden 80% der Neugeborenen täglich zweimal massiert. Dies ist dort Teil der Kultur. Nepal hat als Land eine der niedrigsten Raten von Neurodermitis.

 

Hierzu kann ich auch wärmstens das wundervolle Buch „Sanfte Hände“ empfehlen, in dem die traditionelle Kunst der Baby-Massage mit wundervollen Bildern gezeigt wird.

 

Quellen:

Del Monte, Damir, Vortrag: Psychoneuroimmunologie Kongress, Innsbruck, 2022

Schachner L, Field T, Hernandez-Reif M, Duarte AM, Krasnegor J. Atopic dermatitis symptoms decreased in children following massage therapy. Pediatr Dermatol. 1998 Sep-Oct;15(5):390-5. doi: 10.1046/j.1525-1470.1998.1998015390.x. PMID: 9796594.

Mullany LC, Darmstadt GL, Khatry SK, Tielsch JM. Traditional massage of newborns in Nepal: implications for trials of improved practice. J Trop Pediatr. 2005 Apr;51(2):82-6. doi: 10.1093/tropej/fmh083. Epub 2005 Jan 26. PMID: 15677372; PMCID: PMC1317296.

Field T. Massage therapy for infants and children. J Dev Behav Pediatr. 1995 Apr;16(2):105-11. PMID: 7790516.

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